„Leben, das Kreise zieht – Anspruch und Zuspruch des Christseins“
Dieses Thema lockte am Mittwoch, 9. Mai 2012, rund 60 Besucher ins Evang. Gemeindehaus Frickenhausen, wo Pfarrerin Maike Sachs, die bei der Württ. Landeskirche zuständig ist für das Projekt Wachsende Kirche, referierte. Auf Einladung des Hauskreisvernetzungsteams von „Evangelisch im Täle“ sagte die Pfarrerin gerne zu, dieses Thema den Besuchern nahe zu bringen.
Aber ihr seid anders, denn ihr seid ein auserwähltes Volk. Ihr seid eine königliche Priesterschaft, Gottes heiliges Volk, sein persönliches Eigentum. So seid ihr ein lebendiges Beispiel für die Güte Gottes, denn er hat euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen.
Es war Frau Sachs abzuspüren, dass sie dieses Thema als Betroffene und nicht aus der Distanz weitergab. So führte sie lebendig und mit lebensnahen Beispielen aus, was es heißt, als „Fremdlinge“ in dieser Welt unterwegs zu sein. Was es heißt, sich in den Versuchungen und Herausforderungen unserer Gesellschaft anders zu verhalten als es üblich ist, anders zu sein, auch wenn das Nachteile mit sich bringt. Christen sind als Fremdlinge quasi auf der Durchreise, betonte die Pfarrerin, sie müssen sich nicht an die Lebensweise der Welt anpassen und sich von ihr bestimmen lassen, vielmehr sollen sie ein lebendiges Beispiel für die Güte Gottes sein. Unsere Welt ist geprägt von Streben nach Macht und Ruhm, von Egoismus, Materialismus und Individualismus. Das Leben Jesu dagegen gibt eine andere Lebensart vor, in der es um Rücksicht, Hilfsbereitschaft, Fürsorge, Ermutigung, Annahme und echte Liebe geht. Frau Sachs ließ keinen Zweifel daran, dass auch ein Christ diese Eigenschaften nicht aus sich selbst hervorbringen kann, sondern sie nur in der engen Verbindung zu Jesus Christus entwickeln und sich schenken lassen kann.
Wer sich für ein Leben in der Nachfolge von Jesus Christus entschieden hat und nach den Werten der Bibel zu leben versucht, darf erfahren, dass er im Leben anderer Menschen freundliche und sogar heilsame Spuren hinterlässt und sein Leben Kreise zieht.
So dürfen Christen für andere ein lebendiges Beispiel der Güte Gottes sein.
Im weiteren Verlauf ihres Referats erläuterte Frau Sachs, dass Nachfolger Jesu die Gewissheit haben, dass nach diesem Leben eine Heimat im Himmel auf sie wartet, daher muss sich niemand krampfhaft an irdischen Dingen festhalten, sondern jeder kann frei von Machtstreben, Neid und Konkurrenzkampf an seinem Platz die Aufgaben wahrnehmen, für die er beauftragt ist.
Leider gelingt es oft nicht, diese Maßstäbe zu erfüllen, auch mit den besten Absichten. Oft sind die Bemühungen, ein gutes Leben zu führen wie es Gott gefällt, geprägt von Versagen und Entmutigung, von Zweifeln und auch von Enttäuschung. Nur durch den Zuspruch der Vergebung, die durch den Tod Jesu am Kreuz jedem ganz persönlich gilt, ist es möglich, Menschen, die uns verletzt, enttäuscht oder betrogen haben, zu vergeben und befreit zu leben. Dieser Zuspruch beinhaltet allerdings auch den Anspruch, dass wir nicht für uns selbst leben, sondern aus der Liebe Jesu für Menschen in unserer Umgebung da sein dürfen, sie begleiten und unterstützen, ermutigen und Verantwortung übernehmen. Beispielhaft erzählte Frau Sachs von dem Trainer einer Jugendmannschaft, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, trotz Niederlagen und Entmutigung nicht aufzuhören, die Mannschaft aufzubauen, sie treu zu begleiten und zu unterstützen, obwohl es von ihm viel Kraft gefordert hat.
Meist begegnen uns ganz genaue Vorstellungen, welche Eigenschaften Christen haben müssten, erläuterte Frau Sachs. Die Menschen um uns herum wissen sehr genau, welche Verhaltensweisen mit biblischen Grundsätzen kompatibel sind und welche nicht. Leider liegen diese Vorstellungen oft weit hinter den Erfahrungen zurück. Wir müssen uns eingestehen, dass bei allen guten Vorsätzen, wir oft weit entfernt sind von den Verhaltensweisen, die uns Jesus vorgelebt hat.
Ein besonderes Vorrecht ist es, dass Christen Fehler und Versagen zugeben dürfen, vor sich selbst, vor Gott und auch vor anderen. Die Bibel spricht davon, dass wir jeden Tag neu die Vergebung Jesu in Anspruch nehmen dürfen. Jesus steht zu uns, auch wenn wir versagt haben. Fehler dürfen gemacht werden, entscheidend ist, dass wir den Mut haben, zu unseren Schwächen zu stehen und dadurch in versöhnten Beziehungen leben können.
Kinder Gottes dürfen aus der Gnade leben. So wie Gott gnädig und voller Liebe mit uns umgeht, so dürfen wir die Menschen behandeln, die er uns in den Weg stellt. Frau Sachs machte dies deutlich durch eine Erzählung von einem Straßenkind, das mit Christen in Kontakt kam, die dafür sorgten, dass es nicht mehr auf der Straße leben musste. Durch diese Erfahrung der Liebe und Fürsorge wurde das Kind befähigt, später selber von diesem Herrn Jesus zu erzählen und diese Liebe als lebendiges Beispiel weiterzugeben.
Als letzten Aspekt ging Pfarrerin Sachs noch auf den Auftrag zum priesterlichen Dienst ein, zu dem wir als Christen berufen sind. So wie der Hohepriester im Alten Testament die Aufgabe hatte, die Opfer der Menschen entgegenzunehmen, im Tempel zu opfern und die Vergebung der Sünden zuzusprechen, so ist jeder Nachfolger Jesu dazu berufen, für seinen Nächsten einzustehen. Als Jesus am Kreuz gestorben ist, ist „der Vorhang im Tempel zerrissen“ wie die Schrift sagt. Dies bedeutet für uns heute, dass der Zugang zu Gott frei ist und dass jeder Mensch die Möglichkeit hat, zu Gott zu kommen. Als priesterliche Menschen sind wir berufen, die Last der Welt, die Nöte der Menschen um uns herum, auf unser Herz zu nehmen und im Gebet bei Gott dafür einzustehen. Gebet hat Auswirkungen, auch wenn wir dies oft nicht im direkten Zusammenhang sehen können.
Gebet baut Brücken, Brücken von Gott in unsere Welt, in der wir leben und in der es soviel Leid, Not und Verzweiflung gibt. Wir können die Welt ein Stück verändern, wenn wir nicht für uns leben, sondern Christus zur Ehre und von uns selbst weg schauen. Menschen spüren, ob wir authentisch sind oder ob unsere Worte leer und aufgesetzt sind. Lassen Sie uns in der Spur Jesu bleiben, das ist der Anspruch und Auftrag zugleich, wir verlieren nicht dabei, sondern können nur gewinnen.
Elvira Jaiser