Von der Jugend lernen, wie man die Bibel lesen kann

Treffen der Hauskreise von Evangelisch im Täle

 

Es mögen etwas über hundert Besucher gewesen sein, die am 6. November 2018 den Saal im evangelischen Gemeindehaus in Kohlberg bis zum letzten Platz gefüllt haben. Es ging ihnen um „Lebendiges Bibellesen“, um dialogische Formen und Methoden, wie man in Kleingruppen (Hauskreisen, Bibelgruppen) in der Bibel lesen und daraus Gewinn ziehen kann. Wie der Moderator des Abends, Günther Arnold, erklärte, war dazu aus Stuttgart ein „hochkarätiger“ Referent gekommen: Dieter Braun, der Fachliche Leiter des gesamten Evangelischen Jugendwerks in Württemberg.

 

Als Einstieg berichtete Dieter Braun von Erfahrungen aus der Jugend- bzw. Kinderkircharbeit, nämlich von Gottesdiensten für Zwölf- bis Vierzehnjährige („TeenieKirche“) an nicht-sakralen Orten, zum Beispiel am Sonntagmorgen in einer Zimmererwerkstatt. Er berichtete davon, wie es dort gelingt, mit 50 bis 100 Jugendlichen gemeinsam Bibeltexte zu lesen und ins Gespräch darüber zu kommen.

 

Es gibt freilich – so Braun – einige Voraussetzungen dazu, wie so eine TeenieKirche mit schlichtem Ablauf stattfinden und vor sich gehen muss (bis auf den letzten Punkt sei am berichteten Beispiel alles gegeben gewesen):

- freiwillig

- dynamisch

- erfahrungsorientiert

- dialogisch

- verständlich

- alltagsorientiert

- zu einer akzeptablen Zeit

 

Auf ähnliche Weise, wie man es beim Modell der TeenieKirche entwickelt hat, sei es auch möglich, dass Erwachsene sich im Hauskreis oder in der Bibelgruppe miteinander sich dem Bibeltext zuwenden. Was lag dann näher, das gleich an Ort und Stelle mit den erwachsenen Besuchern zu erproben? Die Besucher, darunter auch zahlreiche Senioren, ließen sich in der Tat darauf ein.

 

Farbe bekennen

Nachdem der biblische Text aufgeschlagen ist, eröffnet ein kurzes Gebet und das Vorlesen des Textes (alle haben die gleiche Bibelausgabe vor sich!) diese Phase des Gottesdienstes. Nach einer kurzen Stille von etwa zwei Minuten heißt es: „Entdeckungen teilen“ – mit einigen Nachbarn benennt jeder das, was ihm aufgefallen ist. Dann einigt sich diese oft zufällige Kleingruppe auf einen Punkt, den sie gegenüber dem Plenum äußern möchte. Das geschieht mit verschieden-farbigen Karten, die gleichzeitig Anregungen für die Nachfrage sind: „Farbe bekennen“. In der „Nachhakrunde“ werden vom Referenten dann diese Nachfragen aufgegriffen. Zum Schluss gibt es noch eine Phase der Stille, um zu bedenken: Was ist mir heute wichtig geworden?

 

Das Farbe-bekennen war dann die praktische Anregung dieses Abends für die Besucher im Kohlberger Gemeindehaus. Jeder Teilnehmer an einer Gesprächsrunde des Hauskreises zum Beispiel verfügt über einen Kartensatz dieser Impulse. Nach dem Verlesen des Textes und einer Stille soll sich jeder für eine Karte entscheiden, die er vor sich hinlegt und dann, wenn er an der Reihe ist, in die Runde einbringt. Das Medium der Karte motiviert, informiert und trägt dazu bei, den Gesprächsablauf zu steuern. Die farbigen Karten provozieren mit ihren Aufschriften, zu denen man sich „bekennen“ soll:

 

      Hä?               Das habe ich nicht ganz verstanden!

 

 Einspruch          Da bin ich anderer Meinung.

 

 Respekt             Das finde ich beeindruckend!

 

 Richtig               Der Meinung bin ich auch!

 

 Alles klar!          Das habe ich entdeckt.

 

 Time out            Das interessiert mich näher.

 

 Joker                  

 

Dieter Braun versäumte nicht, darauf aufmerksam zu machen, dass sich die Zeiten gewandelt haben.

Es gebe einen „kulturellen“ Graben, der sich vor denen auftut, die nicht von klein auf mit der Bibel bekannt gemacht worden sind und die sich die Frage stellen: „Wie kann man Gott begegnen?“ Deshalb sei es umso notwendiger, verständlich von Gott zu reden und dazu beizutragen, dass der kulturelle Graben zwischen Gemeinde und Allgemeinheit überbrückt wird.

Traugott Kögler