Über den eigenen Kirchturmhorizont hinausblicken
Klausur der Kirchengemeinderäte im Neuffener Tal – ein weiterer Schritt der Zusammenarbeit
NEUFFEN (sk) Eine besondere Begegnung und Gemeinschaft erlebten die Kirchengemeinderäte aus dem Neuffener Tal am letzten Februarwochenende 2016. Seit zehn Jahren arbeiten unter dem Leitwort „Evangelisch im Täle“ die Kirchengemeinden in Beuren, Frickenhausen, Kohlberg, Linsenhofen, Neuffen und Tischardt und seit Neuerem auch Großbettlingen enger zusammen. Glaubenskurse, Predigtreihen, monatlichen Gebetskreise, Vortragsveranstaltungen, besondere Gottesdienste und anderes mehr wird gemeinsam verantwortet. Nun trafen sich die kirchlichen Gremien gemeinsam im Stift Bad Urach zum Gedanken- und Erfahrungsaustausch, um einen weiteren Schritt in der Kooperation voranzugehen.
Bad Urach ist mit dem Stift der Landeskirche ein besonderer Ort für die Gemeinden aus dem Neuffener Tal. Nicht nur, dass die Leiterin des Stifts, Kirchenrätin Bärbel Hartmann, ihren Wohnsitz im Neuffener Tal hat und jahrelang Pfarrerin in Neuffen war – auch hat das Stift mit seiner vornehmen Unterbringung und seinem guten Service, mit den dreimaligen täglichen Gebetszeiten und den historischen Gebäuden einen ganz besonderen Charakter.
Thematisch ging es den rund 60 Frauen und Männern, die in ihren Gemeinden des Neuffener Tals Verantwortung übernommen haben, um die Frage: Welche Kirche braucht unsere Zeit? Das bevorstehende 500-jährige Reformationsjubiläums legte nahe, sich dabei an wichtigen Texte der Reformation zu orientieren.
Kooperationen mit Win-Win-Situationen anstreben
Der Stuttgarter Prälat Mack berichtete von dem, was die Kirchenleitung der Landeskirche aktuell bewegt. Er nannte Bereiche, auf die besonderes Augenmerk zu legen ist. An vorderer Stelle geht es ihm darum, den Pfarrberuf attraktiv zu halten, weil die Kirche weitgehend über die Hauptamtlichen identifiziert wird. Sodann empfahl er den Gemeinden, Kooperationen einzugehen und auszubauen, doch nur dort, wo es sich anbietet und Win-Win-Situationen zustande kommen. In dieser Hinsicht sei „Evangelisch im Täle“ ein Vorreiter in der Landeskirche. Weiter sei der Gottesdienst als ursprüngliches Kennzeichen christlicher Gemeinde zu stärken – auch dadurch, dass sich Gottesdienste in vielfältiger Gestalt entwickeln können. Er befürwortete neue Begegnungsformen, vor allem dort, wo das Modell der klassischen Familie nicht mehr gelebt werden könne.
Eine Kirche, die ihrem Auftrag treu bleibt
Während der Prälat von der aktuellen Situation der Kirche, von der gesellschaftlichen Entwicklung und dem Rückgang der Mitgliederzahlen ausging, wählte der zweite Referent, der Balinger Pfarrer und Professor, Dr. Johannes Zimmermann, einen anderen Ansatz. Er setzte am Wesen von Gemeinde an. Eines der wichtigsten Dokumente der Reformation ist die Confessio Augustana, das Augsburger Bekenntnis von 1548. Dort wird, wie der Referent ausführte, die Kirche schlicht als die „Versammlung der Gläubigen“ bezeichnet, „bei denen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut dem Evangelium gereicht werden“. Alles andere sei – so Zimmermann – gemäß diesem alten Bekenntnis zweitrangig. Die gläubigen Menschen sollten sich als Botschafter von Christus und seiner Kirche verstehen lernen und sich auch so verhalten. „Wir brauchen eine Kirche, die ihrem Auftrag treu bleibt, und wir brauchen eine Kirche, die sich auf ihr Umfeld, ihre Zeit und die Menschen ausrichtet“, sagte Zimmermann.
Immer wieder gab es im Stift Urach Gelegenheiten zur Begegnung und die Möglichkeit, über den eigenen Kirchturmhorizont hinauszublicken. Kirchenrätin Bärbel Hartmann verstand es, durch ihre Moderation und ihre Impulse und Andachten eine offene Atmosphäre zu schaffen, Begegnungen zu ermöglichen und den Gedankenaustausch zu fördern. In Kleingruppen wurden gegen Ende der Tagung Ziele und Thesen formuliert, die in den Gemeinden des Neuffener Tals sicher einiges anstoßen und auf die Mitarbeiterschaft ausstrahlen werden. Spontan wurde im Schlussplenum eine Whats-App-Gruppe gegründet. Die Teilnehmer wollen über das informiert sein, was in den verschiedenen Kirchengemeinden läuft und so den übergemeindlichen Austausch fördern.