Werte neu gefragt - oder Opfer der Toleranz?
Zu diesem Thema referierte Kirchenrat Werner Schmückle aus Stuttgart kürzlich im Ev. Gemeindehaus in Frickenhausen. Das Hauskreisvernetzungsteam von Evangelisch im Täle hatte zu diesem Abend eingeladen.
Gebannt lauschte die überschaubare Besucherschar den fundierten, interessanten Ausführungen des Theologen, dem es wichtig ist, dass Gottes Wort in den Gemeinden Raum gewinnt und feste Grundlage des Gemeindelebens ist.
Nach der Begrüßung durch Herbert Gneiting vom Hauskreisvernetzungsteam und einem Eingangslied, begleitet durch Eberhard Wieland am Klavier, stieg Werner Schmückle mit einer Aussage aus dem 5. Buch Mose ins Thema ein: „Höre, Israel, der HERR ist unser Gott, der HERR allein.“ Er bestärkte die Aussage, dass der lebendige Gott keiner der vielen Götter aus dem Alten Testament sei, einer von vielen aus den unterschiedlichsten Weltreligionen, sondern der EINE Gott des Volkes Israel, der lebendige Gott, der Ursprung des Christentums, der die Werte vorgibt, die unser Leben bestimmen sollen.
Eine vorherrschende Meinung der heutigen Zeit ist, dass die Vielfalt der Religionen zu achten ist. Toleranz fordert, mehrere Wahrheiten nebeneinander stehen zu lassen. Die eine christliche Wahrheit gibt es nach dem Volksmund nicht. Hierfür steht das Weltethos-Programm, das auf den in Tübingen wirkenden Schweizer Theologen Prof. Hans Küng zurückgeht. Weltethos ist die Vision eines globalen Bewusstseinswandels im Ethos:
Menschen – ob weltweit, national oder lokal – sind für ein friedliches Zusammenleben auf gemeinsame, elementare ethische Werte, Maßstäbe und Haltungen angewiesen.
Solche Werte finden sich in allen großen religiösen und philosophischen Traditionen der Menschheit. Sie müssen nicht neu erfunden, wohl aber den Menschen neu bewusst gemacht, gelebt und weitergegeben werden. Unter anderem braucht es kulturübergreifende Werteerziehung. Schon Kinder müssen lernen, dass friedliches Zusammenleben auf allen Ebenen vom Einhalten elementarer Regeln abhängt. Keine Gesellschaft kann ohne ein verbindendes Wertefundament funktionieren.
In der Landesverfassung von Baden Württemberg ist noch die Rede davon, dass Kinder auf der Grundlage christlicher Werte erzogen werden sollen. In der heutigen Zeit sind christliche Grundlagen jedoch leider kaum mehr gegenwärtig. Selbst bekannte Teile der heiligen Schrift wie die Zehn Gebote oder das Gleichnis vom verlorenen Sohn sind vielen fremd.
Treffend führte Herr Schmückle hier ein Zitat von dem Wissenschaftler Werner Heisenberg an: „Wenn man in der westlichen Welt fragt, was gut ist und was schlecht ist, so findet man doch immer wieder den Wertmaßstab des Christentums auch dort, wo man mit den Bildern und Gleichnissen dieser Religion nichts mehr anfangen kann. Wenn aber die magnetische Kraft ganz erloschen ist, die diesen Kompass gelenkt hat, dann fürchte ich eine Tugend der Orientierungslosigkeit.“
Fehlende Grenzen und Leitlinien haben Orientierungslosigkeit zur Folge. Wir Christen haben in der Heiligen Schrift die beste Grundlage und die besten Leitlinien, die man sich denken kann, um ein werteorientiertes Leben zu führen.
Werner Schmückle gab seinem Referat vier Schwerpunkte:
1.Angenommen sein
2.Sinnerfüllung
3.Leben in Verantwortung vor Gott
4.Hoffnung haben
Am Beispiel von Zachäus aus dem Lukasevangelium erläuterte Werner Schmückle, dass Angenommen sein eine wichtige Voraussetzung sei, um Werte überhaupt leben zu können. Werte kann nur leben, wer erfährt, dass sein Leben wertvoll ist.
Jesus hat sich diesem kleinen, unscheinbaren Zollbeamten Zachäus zugewandt, der in seinem Leben viel falsch gemacht und sich durch überhöhte Zolleinnamen bereichert hatte. Aber Jesus sieht das Herz an – das war damals so und ist auch heute noch unverändert so. Jesus wollte bei Zachäus essen, was im Orient eine besondere Bedeutung hat.
Auch in unserer heutigen Gesellschaft erfahren wir an vielen Stellen, dass Menschen nach Annahme schreien, wie ein Brief zeigt, der an den Psychotherapeuten Tobias Brocher gerichtet wurde und aus dem Herr Schmückle zitierte: „Bitte höre was ich nicht sage, ich trage tausend Masken. Gib mir die Sicherheit, dass ich etwas wert bin. Bitte übergehe mich nicht.“ Die einzige Antwort auf die Orientierungslosigkeit der heutigen Zeit ist laut Schmückle Jesus Christus.
Desweiteren tragen wir alle, so Schmückle, die Sehnsucht nach Werten und Sinnerfüllung in uns. Das Attentat am 11. September 2001 war für die ganze Welt ein erschütternder Einschnitt, der ganz neu die Frage nach den Werten in unserer Gesellschaft aufgeworfen hat. Es entstand eine neue Sehnsucht nach alten Werten. Zukunftsforscher sagen für 2030 ein ganz neues Wertebewusstsein in unserer Gesellschaft voraus. Soziale Gerechtigkeit, Ehe und Familie, Hilfsbereitschaft, Freiheit, bekommen einen anderen Stellenwert.
In Kleingruppen wurde die Frage: „Wie kommt man zu Werten?“ erörtert.
Werte werden bestenfalls in der Familie an die folgende Generation weitergegeben. Leider sei es heute nicht mehr selbstverständlich, dass christliche Werte in der Familie gelebt werden, bedauert Schmückle.
Werner Schmückle betonte, dass Werteorientierung nur in der Verantwortung vor Gott geschehen kann. Die Zehn Gebote wollen uns eine Richtschnur geben. Zachäus merkt, dass er nicht immer um sich selber kreisen muss, dass Jesus ihn anschaut. Auch zu uns spricht Gott heute noch: „Ich bin der Herr dein Gott, der sich um dich sorgt“.
Zachäus wollte etwas vom Leben haben. In der Begegnung mit Jesus erfährt er, dass es stimmt, was Jesus verspricht. Leben und volle Genüge. Sein Reichtum ist nicht mehr wichtig, er beginnt zu erkennen, dass andere Dinge zählen – die Begegnung, die Beziehung, die Menschen um ihn herum.
Was vielen Menschen fehle, sei eine Hoffnung, die sich nicht nur auf die paar Lebensjahre erstreckt, die wir überblicken können, sondern eine Hoffnung, die bis in die Ewigkeit hinausreiche, erläutert Schmückle. Ohne Hoffnung bleibt nur die Verzweiflung. Daher brauchen wir zum Überleben eine Hoffnung. („G m b H – Gesellschaft mit begründeter Hoffnung. Vertrauen, das trägt. Werte, die Bestand haben.)
Wir müssen Werte herausbilden und dazu stehen. Dabei sollen wir klar wissen wofür wir stehen und dies weitergeben an unsere Kinder und Enkel, fordert Schmückle. Abschließend ermutigte er: „Es geht darum, dass Jesu Liebe in unserem Leben Gestalt gewinnt und wir Frucht bringen. Wo Gott uns ausgesät hat, sollen wir blühen und Frucht bringen“.
In einer abschließenden Feedback- und Fragerunde, die von Reinhard Wenzelmann moderiert wurde, ermutigte Schmückle, nicht nur die Defizite zu sehen, sondern dankbar zu sein für das, was es bei Evangelisch im Täle schon gebe. Der Prozess sei beispielhaft in der Württ. Landeskirche und es sei schon einiges bewegt worden. Man könne nicht „machen“, dass Menschen ihr Herz für Christus öffnen, aber man dürfe im Gebet darum bitten.
Die Prognosen der Zukunftsforscher im Hinblick auf die Werteentwicklung lässt hoffen, auch wenn berechtigte Zweifel bestehen. Als kleines Hoffnungszeichen kann das keimende Interesse der Bevölkerung aus den neuen Bundesländern an Kirche und Glaube gewertet werden, was vor dem Mauerfall noch undenkbar war.
Für die Arbeit der Missionarischen Dienste konnte Kirchenrat Schmückle ein Opfer in Höhe von 88 Euro übergeben werden.
Elvira Jaiser